Die Kriterien für Nachhaltigen Tourismus

Laut der Partnerschaft für Globale Kriterien eines Nachhaltigen Tourismus (GSTC)

Nachhaltiger Tourismus ist im Kommen: die Nachfrage der Konsumenten wächst, die Reiseindustrie entwickelt neue grüne Initiativen, Regierungen erneuern ihre Politik zur stärkeren Förderung eines Nachhaltigen Tourismus in der Praxis. Doch was bedeutet Nachhaltiger Tourismus tatsächlich, wie kann er gemessen und glaubhaft dargestellt werden, um Vertrauen beim Konsumenten zu schaffen, um seine Wirksamkeit zu belegen und um Irreführung („greenwashing“) zu bekämpfen?

Die Globalen Kriterien für Nachhaltigen Tourismus sollen zu einem gemeinsamen Verständnis von „nachhaltigem Tourismus“ führen und stellen einen Mindeststandard dar, Diese Kriterien stellen einen Mindeststandard dar, den sich jeder Tourismusbetrieb zum Ziel setzen sollte. Sie sind in vier Bereiche eingeteilt: wirkungsvolles Nachhaltigkeitsmanagement, Maximierung sozialen und wirtschaftlichen Nutzens für die lokale Bevölkerung; Bewahrung des kulturellen Erbes; und Reduzierung negativer Wirkungen auf die Umwelt. Auch wenn die Kriterien ursprünglich für Unterkunftsbetriebe und Reiseunternehmen geplant waren, können sie in der gesamten Tourismusindustrie Anwendung finden.

Die Kriterien gehören zu den Maßnahmen der Tourismusgemeinschaft bezüglich der globalen Herausforderungen der „Milleniumsentwicklungsziele“ der Vereinten Nationen. Milderung der Armut und ökologische Nachhaltigkeit – einschließlich Klimawandel – sind die wichtigsten sich überschneidenden Themen, die durch die Kriterien widergespiegelt werden.

2007 hat eine Gruppe von 32 Organisationen – Die Partnerschaft für globale Kriterien eines nachhaltigen Tourismus – mit der Entwicklung der Kriterien begonnen. Seither haben sie nahezu 100.000 Akteure im Tourismus kontaktiert, über 4.500 Kriterien von mehr als 60 bestehender Zertifizierungen und anderen freiwilligen Kriterienkatalogen analysiert und Kommentare von über 1.500 Personen erhalten. Die Kriterien für einen nachhaltigen Tourismus wurden in Übereinstimmung mit dem „ISEAL Code of best Practice“ entwickelt und werden alle zwei Jahre in einem Konsultierungsprozess aktualisiert, solange bis keine Rückmeldungen mehr erfolgen und sie eindeutig sind.

Es wird erwartet, dass die Kriterien u.a. angewendet werden

• Als grundlegende Leitlinie dienen für Betriebe jeder Größe, um nachhaltiger zu werden und als Hilfe zur Auswahl von Programmen für einen Nachhaltigen Tourismus/Zertifizierungen, die mit diesen globalen Kriterien übereinstimmen;
• Als Leitlinie dienen für Reisebüros/-agenturen bei der Auswahl nachhaltiger Anbieter und von Programmen für einen Nachhaltigen Tourismus/Zertifizierungen.
• Konsumenten helfen bei der Erkennung von guten Programmen für einen Nachhaltigen Tourismus/Zertifizierungen und Betrieben
• Als gemeinsamer Nenner dienen für Informationsmedien zur Erkennung von Anbietern eines nachhaltigen Tourismus.
• Zertifikaten und anderen freiwilligen Programmen Hilfestellung geben, damit ihre Standards einen breit akzeptierten Mindeststandard erfüllen.
• Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen sowie Initiativen des privaten Sektors als Ausgangspunkt dienen zur Entwicklung von eigenen Anforderungen für einen nachhaltigen Tourismus; und
• Als Mindestkriterien dienen für Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, wie Hotelfachschulen und Universitäten.

Die Kriterien zeigen was getan werden sollte, doch sie zeigen nicht wie sie umgesetzt werden sollen oder ob das Ziel erreicht ist. Dies ist die Rolle von Erfüllungsindikatoren, von begleitenden Lernmaterialien und von Instrumenten zur Umsetzung als unverzichtbare Ergänzungen zu den Globalen Kriterien für Nachhaltigen Tourismus.

Die Partnerschaft versteht die Globalen Kriterien für Nachhaltigen Tourismus als Beginn eines Prozesses, bei dem Nachhaltigkeit als Standard in allen Tourismusformen umgesetzt ist.

Globale Kriterien für Nachhaltigen Tourismus

A. Ein wirkungsvolles Nachhaltigkeitsmanagement vorweisen.

• A.1. Das Unternehmen hat ein langfristiges Managementsystem für Nachhaltigkeit eingerichtet, das für seine Art und Größe geeignet ist und das Umwelt-, soziokulturelle, Qualitäts-, Gesundheits- und Sicherheitsaspekte berücksichtigt.
• A.2. Das Unternehmen erfüllt alle relevanten Gesetze und Vorgaben (inklusive u.a. Gesundheits-, Sicherheits-, Arbeits- und Umweltaspekte).
• A.3. Das gesamte Personal wird geschult hinsichtlich seiner Rolle im Rahmen des Managements von Umwelt-, soziokulturellen, Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen.
• A.4. Die Kundenzufriedenheit wird gemessen und Korrekturmaßnahmen werden im Bedarfsfall ergriffen.
• A.5. Werbematerial ist korrekt und vollständig und verspricht nicht mehr, als vom Betrieb erfüllt werden kann.
• A.6. Design und Bauweise von Gebäuden und Infrastruktur:

• A.6.1. stimmen mit den örtlichen Bauzonen überein und erfüllen die Anforderungen des Natur- oder Denkmalschutzes;
• A.6.2. respektieren das natürliche oder kulturelle Erbe in ihrer Umgebung durch entsprechende Lage, Design, Verträglichkeitsprüfung, Landrechte und Erwerb;
• A.6.3 wenden örtlich geeignete Prinzipien für eine nachhaltige Bauweise an;
• A.6.4 ermöglichen Zugang für Personen mit besonderen Bedürfnissen.
• A.7. Kunden erhalten Informationen und Erklärungen zur natürlichen Umgebung, zur örtlichen Kultur und zum kulturelle Erbe, sowie geeignete Verhaltenstipps zur Besichtigung von Naturgebieten, von lebendigen Kulturen und Orten des kulturellen Erbes.


B. Den sozialen und ökonomischen Nutzen für die örtliche Bevölkerung maximieren und die negativen Auswirkungen minimieren.

• B.1. Das Unternehmen unterstützt aktiv Initiativen zur sozialen Entwicklung und zur Entwicklung der örtlichen Infrastruktur inklusive u.a. zur Erziehung, Gesundheit und Zugang zu sanitären Einrichtungen.
• B.2. Ortsansässige werden auch in Managementpositionen beschäftigt. Training wird angeboten soweit nötig.
• B.3. Das Unternehmen kauft lokale und “fairer Handel” Dienstleistungen und Produkte wo möglich.
• B.4. Das Unternehmen erleichtert kleinen örtlichen Unternehmern die Herstellung und den Verkauf von Produkten auf Basis der regionalen Natur, Geschichte und Kultur (inklusive Lebensmittel und Getränke, Handwerk, darstellende Kunst, landwirtschaftliche Produkte, etc.)
• B.5. Im Einklang und in Abstimmung mit der Gemeinde wurde ein Verhaltenskodex für Aktivitäten in Orten mit indigener und lokaler Bevölkerung entwickelt.
• B.6. Eine Geschäftspolitik ist eingeführt, die sich gegen kommerzielle Ausbeutung, insbesondere von Kindern und Heranwachsenden, richtet, und die sexuelle Ausbeutung mit einschließt.
• B.7. Das Unternehmen stellt gleichberechtigt Frauen und Menschen aus lokalen Minderheiten auch in Managementpositionen ein und vermeidet Kinderarbeit.
• B.8. Internationaler und nationaler gesetzlicher Schutz von Angestellten wird eingehalten, die Angestellten erhalten einen Lohn der zur Lebenshaltung ausreicht.
• B.9. Die Aktivitäten des Unternehmens gefährden nicht die Versorgung von Nachbargemeinden mit Grundleistungen, wie zum Beispiel Wasser, Energie, sanitäre Anlagen


C. Den Nutzen für das kulturelle Erbe maximieren und negative Wirkungen minimieren

• C.1. Das Unternehmen hält sich an bestehende Richtlinien oder Verhaltensregeln für den Besuch kulturell oder geschichtlich sensibler Orte mit dem Ziel, die Belastungen durch Besucher zu minimieren und den Genuss zu maximieren.
• C.2. Historische und archäologische Gegenstände werden nur verkauft, gehandelt oder ausgestellt, wenn es gesetzlich erlaubt ist.
• C.3. Der Betrieb trägt zum Schutz der lokalen historischen, archäologischen und kulturellen Güter sowie bedeutender spiritueller Eigentümer und Stätten bei und behindert nicht den Zugang für die einheimische Bevölkerung.
• C.4. Der Betrieb verwendet Elemente der örtlichen Kunst, Architektur oder des kulturellen Erbes in seinen Tätigkeiten, bei Design, Dekoration, Verpflegung oder Shops; dabei wird das geistige Eigentum örtlicher Gemeinschaften respektiert.


D. Den Nutzen für die Umwelt maximieren und negative Wirkungen minimieren.

• D.1. Ressourcen erhalten

• D.1.1. Die Einkaufspolitik bevorzugt umweltfreundliche Baumaterialien, Produktionsmittel, Lebensmittel und Verbrauchsgüter.
• D.1.2. Der Einkauf von Einwegartikeln und Verbrauchsgütern wird gemessen und der Betrieb sucht aktiv nach Wegen, diese zu reduzieren.
D.1.3. Der Energieverbrauch sollte gemessen und die Energiequellen angegeben werden. Maßnahmen zur Reduzierung des Gesamtverbrauchs sollten getroffen und erneuerbare Energien bevorzugt werden.
• D.1.4. Der Wasserverbrauch sollte gemessen, die Quellen angegeben und Maßnahmen zur Reduzierung des Gesamtverbrauchs getroffen werden.
• D.2. Verringerung der Verschmutzung
• D.2.1. Der Ausstoß an Treibhausgasen aus allen Quellen, die der Betrieb kontrolliert, wird gemessen. Maßnahmen zur Verringerung und zum Ausgleich werden ergriffen, um Klimaneutralität zu erreichen.
• D.2.2. Abwasser, inklusive Grauwasser, wird effektiv behandelt und wieder verwendet wo möglich.
• D.2.3. Ein gründlicher Abfallmanagementplan wird ausgeführt mit quantitativen Zielen zur Verringerung des Abfalls, der nicht wieder verwendet oder recycelt wird.
• D.2.4. Der Gebrauch von Gefahrstoffen, inkl. Pestiziden, Farben, Desinfektionsmittel für Schwimmbäder und Reinigungsmaterial wird minimiert und – wenn möglich – durch ungefährliche Produkte ersetzt. Der Gebrauch aller chemischer Stoffe wird richtig gemanagt.
• D.2.5. Der Betrieb trifft Maßnahmen zur Verringerung von Belastungen durch Lärm, Licht, Abfluss, Erosion, Ozon schädigende Verbindungen sowie Verunreinigungen von Luft und Boden.
• D.3. Erhaltung der Artenvielfalt, Ökosysteme und Landschaften
• D.3.1. Wilde Arten werden nur in der Wildnis geerntet, konsumiert, ausgestellt, verkauft oder international gehandelt, wenn dies zu einer geregelten Aktivität gehört, die sicherstellt dass ihre Nutzung nachhaltig erfolgt.
• D.3.2. Gefangene wilde Tiere werden nur im Rahmen richtig geregelter Aktivitäten gehalten, lebende Exemplare geschützter wilder Arten werden nur von autorisierten Personen gehalten, die über eine geeigneter Ausrüstung zur Unterbringung und Pflege verfügen.
• D.3.3. Der Betrieb nutzt heimische Arten für Landschaftsgestaltung und Restaurierung und trifft Maßnahmen, um die Einschleppung invasiver Arten zu vermeiden.
• D.3.4. Der Betrieb leistet einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, inklusive durch die Unterstützung von Naturschutzgebieten und von Gebieten mit wertvoller Artenvielfalt.
• D.3.5. Interaktionen mit wild lebenden Tieren dürfen keine nachteiligen Wirkungen auf die Entwicklungsfähigkeit von Populationen in der Wildnis haben; jede Störung natürlicher Ökosysteme wird minimiert bzw. saniert und es wird ein ausgleichender Beitrag für das Naturschutzmanagement geleistet.

EOS Sustainable Tourism Development
Stuttgart, Deutschland